Der amerikanische Traum, mit Blut und Gier durchtränkt

Der erste Satz
Ich faltete den Scheck zusammen, steckte ihn in meine Hemdtasche und bemühte mich, nicht zu grinsen.

Krimi der Woche ∙ N° 31/2024 ∙ Hanspeter Eggenberger

Ed Edwards ist unzufrieden mit seinem Leben. Er ist Koreakriegsveteran. Er verkauft Gebrauchtwagen, kennt alles fiesen Tricks und Kniffe für dieses Business. Er will mehr. Er hat einen Schwarzen Vater, der sich schon in seiner Kindheit verdrückt hat. Die Mutter ist weiss, Alkoholikerin. Im Gegensatz zum älteren Bruder, der in Detroit am Fliessband steht, geht Ed gut und gerne als Weisser durch, allenfalls als Südländer. Ebenso seine jüngere Schwester Melinda. Ed lässt seine Geburtsurkunde fälschen, das B für Black durch ein W für White ersetzen. „Ich wollte als Weisser Erfolg haben.“

Als er Nancy kennenlernt, sieht er eine Chance. Sie hat „etwas Verderbtes und zugleich Anziehendes“: „Es war wie ein saurer Whiskey, an den man sich gewöhnen musste, wozu man wegen seiner Wirkung nur allzu gerne bereit war.“ Und sie ist Geschäftsfrau, betreibt ein Autokino und einen Haustierfriedhof. Er lässt sich auf eine Affäre mit der verheirateten Frau ein. Sie muss ihn nicht lange bitten, ihren gewalttätigen Gatten umzubringen, mit ihr seine Lebensversicherung zu kassieren und ins Geschäft einzusteigen.

„More Better Deals“, so der Titel des Romans von Joe R. Lansdale, will Ed machen. In einem namenlosen Ort in East Texas in den frühen Sechzigerjahren hat der Horror- und Crime-Altmeister die wüste Geschichte angesiedelt, in der ein Abgehängter den Aufstieg mit allen Mitteln realisieren will: „Ich würde für Girl und Gewinn morden, eine etwas gewalttätigere und blutigere Version des amerikanischen Traums.“

Doch natürlich läuft alles nicht so glatt, wie sich Ed das ausgerechnet hat. Und die ihn angeblich heiss liebende Nancy scheint eigene Pläne zu verfolgen. Die Femme fatale ist cleverer als der Gebrauchtwagenverkäufer. Lansdale erzählt die düstere Südstaatenstory auf seine gewohnt gekonnte Art: Spannend, zuweilen mit einem Augenzwinkern, mit vielen knackigen Dialogen treibt er seinen Protagonisten dem Abgrund entgegen.

Dabei ist neben der gewalttätigen Version des amerikanischen Traums auch Rassismus ein Thema. Schwarze hatten in den Sixties in den Südstaaten wenige Chancen. Ed will auch die Geburtsurkunde seiner Schwester fälschen lassen, damit sie an ein weisses College gehen kann, was er mit seinem ertrogenen Geld ermöglichen würde. Doch Melinda gibt ihm zu bedenken: „Kriegt jemand raus, dass man auch nur einen Tropfen Blut eines Farbigen in sich hat, ist man plötzlich farbig, und das war’s dann. Willst du dieses Spiel dein Leben lang spielen, dich und deine Umgebung belügen? Versuchen, weiss zu sein?“

Wertung: 4,2 / 5

Joe R. Lansdale: More Better Deals
(Original: More Better Deals. Mullholland Books, New York 2020)
Aus dem Englischen von Wulf Bergner
Festa Verlag, Leipzig 2024. 334 Seiten, 22,99 Euro/ca. 34 Franken

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Bild: Karen Lansdale

Joe R. Lansdale,

geboren 1951 in Gladewater, Texas, ist ein erfolgreicher Autor, der in verschiedenen Genres rund 50 Romane veröffentlichte. Zunächst widmete er sich vor allem dem Horror- und dem Science-Fiction-Genre. Er ist aber auch für Western, Krimis und historische Romane bekannt. Berühmt ist seine witzige Krimireihe um Hap und Leonard, die als TV-Serie verfilmt wurde. Vier weitere Romane wurden ebenfalls verfilmt.

Lansdale ist vielfach preisgekrönt, er erhielt unter anderem elf Mal den Bram Stoker Award, wurde mit dem British Fantasy Award, dem American Horror Award, dem Edgar Allan Poe Award und dem World Horror Convention Grand Master Award und weiteren Preisen ausgezeichnet.

Neben der Literatur beschäftigt er sich auch mit Martial Arts, Kampfkünsten. An seiner eigenen Martial-Arts-Schule in Nacogdoches, Texas, unterrichtet er ein eigenes Selbstverteidigungssystem; er wurde in die United States Martial Arts Hall of Fame und in die International Martial Arts Hall of Fame aufgenommen.

Joe R. Lansdale lebt mit seiner Frau Karen in Nacogdoches, einer Kleinstadt im Osten von Texas. Seine Tochter Kasey Lansdale schreibt ebenfalls Bücher und ist Schauspielerin und Country-Singer/Songwriterin. Sohn Keith Lansdale ist Journalist und Drehbuchautor.


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