Ein Vermisstenfall endet in einem katastrophalen Fiasko
Der erste Satz
Billy an der Anmeldung nimmt den Anruf entgegen.
Krimi der Woche ∙ N° 48/2021 ∙ Hanspeter Eggenberger
Der Sommer 1973 ist in Glasgow aussergewöhnlich heiss. Für Schweissausbrüche bei den Polizisten sorgt aber auch das Verschwinden eines 13-jährigen Mädchens. Alle werden für die Suche aufgeboten. Ausser Detective Harry McCoy. Denn der neue Chef ist ein alter Feind von ihm, und der will ihn nicht dabeihaben beim Fall, der die Schlagzeilen dominiert. McCoy muss sich dafür mit dem Tod des lokalen Rockstars Bobby March durch eine Überdosis Heroin befassen. Und mit einer Serie von kleinen Banküberfällen.
„Bobby March forever“ ist der dritte Band der harten Harry-McCoy-Serie von Alan Parks, die dereinst stolze zwölf Bücher umfassen soll, in deren Titel offenbar die Monatsnamen abgehakt werden sollen. Nach „Blutiger Januar“ und „Tod im Februar“ kommt der März zwar nun nur im unübersetzbaren Namen March des toten Musikers zu Ehren.
Bei den Ausflügen in die Musikszene im dritten Roman profitiert der Autor spürbar von seinen entsprechenden Kenntnissen: Der Schotte Alan Parks war viele Jahre in London bei grossen Plattenfirmen tätig, bevor er mit 54 Jahren seinen ersten Roman veröffentlichte.
Die Geschichte um das verschwundene Mädchen wird für McCoys Widersacher nicht zum Triumph, den er sich vorgestellt hatte, sondern endet in einem katastrophalen Fiasko. Aber auch McCoy kann mit seinen eigenen Fällen nicht brillieren. Die Drogengeschichte um den Rockstar führt in seinen eigenen Freundeskreis. Und auch beim Drahtzieher der Banküberfälle kommen ihm die eigenen privaten Beziehungen in die Unterwelt von Glasgow in die Quere – sein ältester Freund steht höchst aktiv auf der anderen Seite des Gesetzes.
McCoy ist ein Cop, der eher zufällig auf der „richtigen“ Seite des Gesetzes gelandet ist, der zu viel trinkt und dem es wichtiger ist, das Richtige zu tun als Gesetze durchzusetzen. „Mag sein, dass du ein Wichser bist, aber ein guter Mensch bist zu trotzdem“, sagt ihm ein junger Kollege. Dieses Muster ist in der Kriminalliteratur weder neu und noch besonders originell. Doch Parks wird von Roman zu Roman besser als Erzähler, und er bietet mehr als nur spannende Unterhaltung. Bei aller Härte und Brutalität zeigt er Sinn für trockenen Humor.
Auch sein Blick zurück in die Siebziger ist aufschlussreich. „Ich hatte eigentlich gehofft, mehr machen zu dürfen als Tee und gute Miene zum bösen Spiel, während die die anderen beleidigende Witze reissen“, beklagt sich etwa eine junge Kollegin sarkastisch bei McCoy. „Ach ja, ich darf mich um die betrunkenen Frauen in den Zellen kümmern, die nichts für ihre Monatshygiene dabeihaben, das war natürlich schon immer mein Lebenstraum.“
Wertung: 4 / 5
Alan Parks: Bobby March forever
(Original: Bobby March Will Live Forever, Canongate Books, Edinburgh 2020)
Aus dem Englischen von Conny Lösch
Heyne Hardcore/Wilhelm-Heyne-Verlag, München 2021. 427 Seiten, 16 Euro/ca. 24 Franken
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Alan Parks,
geboren 1963 in Schottland, studierte Philosophie an der Universität von Glasgow. Danach zog er nach London, wo er in der Musikindustrie – zunächst bei London Records, später bei Warner Brothers – als Creative Director arbeitete. Er war verantwortlich für Kampagnen, Albumcovers, Fotosessions und Videos für Bands wie All Saints, New Order und The Streets. Bei 679 Recordings war er Geschäftsführer. In den letzten Jahren war er freier Berater für Marketing und Gestaltung.
Nach 20 Jahren in London kaufte er sich eine Wohnung in Glasgow, um da die Wochenenden zu verbringen. Sein schottischer Freund John Niven, mit dem er bei London Records zusammenarbeitete und der inzwischen ein erfolgreicher Autor ist („Die F*ck-it-Liste“), ermunterte ihn, einen Roman zu schreiben. So entwickelte er die Idee für eine Glasgow-Krimireihe, die auf zwölf Bände angelegt ist. Als 54-Jähriger veröffentlichte er den ersten Roman „Blutiger Januar“. Nach „Tod im Februar“ ist „Bobby March forever“ nun der dritte Band der Reihe. Alan Parks lebt heute in London und in Glasgow.