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Die beste Munition ist die, die man in Reserve hat

Der erste Satz
Brant war beim dritten Whisky, kippte ihn weg wie ein ganzer Kerl.

Krimi der Woche ∙ N° 42/2024 ∙ Hanspeter Eggenberger

Ein Skandal nach dem anderen erschüttert in den letzten Jahren die Londoner Polizei, die Metropolitan Police, kurz Met genannt. Rassismus, Sexismus, Homophobie sind in der Truppe in der britischen Hauptstadt alltäglich; auch offizielle Untersuchungsberichte belegen das. Korruption gehört zu den harmloseren Unsitten. Es gab unlängst auch einen Serienvergewaltiger und einen sexuell motivierten Mörder unter den Beamten. Allein 2023 wurden mehr als tausend Beamte wegen Fehlverhalten suspendiert oder in ihren Befugnissen eingeschränkt.

Schon vor zwanzig Jahren, von 1998 bis 2007, hat der irische Noir-Meister Ken Bruen in der siebenteiligen Romanreihe um den Met-Inspektor Brant auf unzimperliche Art die Brutalität und die Übergriffe der Londoner Polizei dargestellt. Jetzt ist endlich der letzten Band auch auf Deutsch erschienen: „Scharfe Munition“. „Britische Krimis scheinen polizeiliche Korruption eher von oben herab zu betrachten“, schreibt der irische Autor Anthony J. Quinn im Nachwort der deutschen Ausgabe, „es gibt ein paar korrupte Beamte, faule Äpfel, meistens als Aussenseiter und Einzelfälle dargestellt, aber nur selten wird die Polizei als Institution so umfassend und brutal kritisiert, wie Bruen es tut.

Im letzten Band wird der zutiefst korrupte Brant angeschossen. Nicht in einer Auseinandersetzung mit Gangstern, sondern gezielt, während er in einer Bar an der Theke steht und Whisky runterkippt. Der Auftragskiller, der nicht gut genug getroffen hat, wird bald selbst erschossen aufgefunden. Und Brant ist rasch wieder auf den Beinen und auf der Suche nach dem Auftraggeber. Der ist ebenfalls bald gefunden. Ein Banker aus der City, der Brant für den Tod seines Bruders verantwortlich macht. Auch der wird schon bald erschossen. Brant hat ein Alibi für den Tatzeitpunkt. Er muss sich auch nicht zwingend selbst die Hände schmutzig machen, denn er hat genug Kolleginnen und Kollegen, die ihm etwas schuldig sind. Etwa die Schwarze Polizistin Fall, die eben im dritten und letztmöglichen Anlauf die Sergeant-Prüfung nur geschafft hat, weil Brant ihr die Prüfungsfragen besorgt hatte.

Das ist nur eine von vielen kleinen Nebengeschichten, die Bruen im leicht fragmentarisch aufgebauten Roman erzählt. Er tut dies wie gewohnt voller Sarkasmus, mit düsterem Witz und Ironie, aber immer knallhart und schonungslos. Und er zeigt damit die unselige Kameraderie bei der Polizei, welche all die Übeltaten der Beamten erst möglich macht: Wer etwas gegen Kollegen sagt, gilt als Verräter. Wer nicht selbst mitmacht, schaut darum einfach weg.

Scharfe Dialoge und charmante Lakonie gehören ebenso zu Bruens Repertoire wie allerlei eingestreute Weisheiten, wie zum Beispiel: „Geld erholt sich schneller als andere auf der Welt.“ Oder diese von Brant: „Die beste Munition ist die, die man in Reserve hat.“

Wertung: 4,4 / 5

Ken Bruen: Scharfe Munition
(Original: Ammunition. St. Martin's Minotaur, New York 2007)
Aus dem Englischen von Karen Witthuhn. Mit einem Nachwort von Anthony J. Quinn
Polar, Stuttgart 2024. 203 Seiten, 17 Euro/ca. 25 Franken

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Bild: PD

Ken Bruen,

geboren 1951 in Galway, Irland, promovierte am Trinity College in Dublin über „Metaphysik im urbanen Umfeld“. Er unterrichtete während 25 Jahren Englisch in Japan, Afrika, Südamerika und Südostasien. 1979 wurde er in Rio de Janeiro nach einer Kneipenschlägerei festgenommen und verbrachte vier Monate im Gefängnis.

Seit 1993 veröffentliche er mehr als vierzig Bücher, und er gilt im englischen Sprachraum als einer der wichtigsten Vertreter des „Irish Noir“. Im deutschen Sprachraum ist er vor allem für seine schräge Serie um den irischen Ermittler und schweren Alkoholiker Jack Taylor bekannt (bis heute 17 Bände, die ersten 9 sind ins Deutsche übersetzt von Harry Rowohlt im Atrium Verlag erschienen), die Vorlage für eine TV-Serie war. Auf einem Roman von Bruen basierte die in Schweden produzierte TV-Serie „100 Code“, und zwei weitere Romane wurden fürs Kino verfilmt. Er schrieb zusammen mit dem bekannten amerikanischen Autor Jason Starr auch vier Romane um Max Fisher und Angela Petrakos (2006 bis 2016; die ersten drei Bände sind bei Rotbuch auf Deutsch erschienen).

Die Serie um Inspector Brant, deren letzter Band „Ammunition“ jetzt auf Deutsch vorliegt („Scharfe Munition“), umfasst sieben Romane, die im Original von 1998 bis 2007 erschienen sind.

Ken Bruen ist verheiratet und hat eine Tochter. Er lebt und arbeitet seit vielen Jahren wieder in der Stadt, in der er geboren wurde, der Hafenstadt Galway an der irischen Westküste.


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