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Ein Lynchmob massakriert drei Studenten

Der erste Satz
Die Oktobersonne ist heiss wie das Blut des wütenden Mobs.

Krimi der Woche ∙ N° 29/2022 ∙ Hanspeter Eggenberger

In einem Vorort der Grossstadt Port Harcourt in Nigeria sind drei Studenten von einem Lynchmob brutal getötet worden. Sie seien Diebe gewesen, heisst es. Da es davon unter den vielen Studenten am Ort viele gebe, habe sich der Volkszorn gegen sie entladen. Einige der Täter wurden gefasst und stehen vor Gericht. Das genügt dem wohlhabenden Vater eines der Opfer nicht. Er engagiert Philip Taiwo, um die Hintergründe zu erforschen. Taiwo ist ein „investigativer Psychologe“ (forensischer Psychologe wäre wohl die bessere Übersetzung), der unlängst aus den USA, wo er über Massenpsychologie und Gewalt gegen Afroamerikaner forschte, in seine Heimat Nigeria zurückgekehrt ist.

Taiwo ist die Hauptfigur des ersten Romans des Nigerianers Femi Kayode: „Lightseekers“ ist der Auftakt einer Reihe mit dem Psychologen. Der gut 50-jährige Autor hat selbst klinische Psychologie studiert, ist aber seit rund 20 Jahren in Namibia in der Werbung tätig. Wie sein Protagonist hat er ein schwieriges Verhältnis zu seinem Heimatland. Das Buch zu schreiben, sei „eine Art Exorzismus“ gewesen.

„In diesem Land ergibt nichts einen Sinn“, sagt Taiwos Frau. „Alles ergibt einen Sinn, wenn du weisst, warum die Menschen tun, was sie tun“, hält der Psychologe dagegen. Gegen den Rat seiner Frau reist er von Lagos nach Port Harcourt. Sein Auftraggeber stellt ihm dort einen Fahrer zur Seite, der sich als weit mehr als ein Chauffeur erweist.

Die beiden Männer, die Fragen zu den traumatischen Ereignissen stellen, sind alles andere als willkommen. Der Chef der örtlichen Polizei mauert, viele Menschen wollen nicht mit ihnen sprechen, der vorerst über seine Gäste erfreute Hotelier schmeisst sie wenig später raus, davor werden ihre Zimmer noch verwüstet. Die polizeilichen Ermittlungen erweisen sich als lausig. Dass einige Täter gefasst werden konnten, ist den Videos des Lynchmords in den Sozialen Medien geschuldet.

Um diese digitalen Plattformen und wie sie Menschen beeinflussen und böse Stimmungen anheizen können, geht es in „Lightseekers“ ebenso wie um sozialpolitische Probleme Nigerias: Armut, Kriminalität, Drogen, Polizeikorruption, ineffiziente und käufliche Bürokratie, desolate Infrastrukturen, religiöse Konflikte. In dieser Düsternis suchen der Psychologe und sein Helfer nach etwas Licht.

Die Geschichte ist spannend erzählt. Sie ist ziemlich komplex und wirft eine Vielzahl von brennenden Themen auf. Hoffentlich hat Kayode da nicht schon sein ganzes Pulver verschossen, damit auch noch was bleibt für den zweiten Taiwo-Krimi, an dem er arbeitet.

Wertung: 3,8 / 5

Femi Kayode: Lightseekers
(Original: Lightseekers. Raven Books, London 2021)
Aus dem Englischen von Andreas Jäger
btb Verlag, München 2022. 464 Seiten, 16 Euro/ca. 24 Franken

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Bild: Nicholas Louw

Femi Kayode,

geboren (Jahrgang nicht bekannt) und aufgewachsen in Lagos, Nigeria, studierte von 1988 bis 1998 an der University of Ibadan Tierzuchtwissenschaft und Klinische Psychologie. Als Packard-Stipendiat in Film und Medien war er an der University of Southern California in Los Angeles, als Gates-Packard-Stipendiat in International Health an der University of Washington in Seattle. Seit Ende 2004 arbeitet er in Windhoek, Namibia, in leitender Position in einer Werbeagentur, die zum weltweit tätigen französischen Kommunikationskonzern Publicis Groupe gehört.

Er hat mehrere Vorlagen und Drehbücher für Film und Fernsehen geschrieben. Seinen ersten Roman „Lightseekers“, der jetzt auf Deutsch erschienen ist, schrieb er im Rahmen des renommierten Studiengangs für Kreatives Schreiben an der University of East Anglia im englischen Norwich. Das Master-Studium schloss er 2017 mit Auszeichnung ab. Derzeit arbeitet er an einem weiteren Roman mit dem investigativen Psychologen Philip Taiwo.

Femi Kayode lebt mit seiner Frau Nneka und zwei Söhnen im Teenager-Alter, Simi und Tomi, in Windhoek, der Hauptstadt von Namibia.


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